„Im Wein liegt die Wahrheit.“ – Ganz in diesem Sinne werde ich in diesem Beitrag ein wenig „aus dem Nähkästchen plaudern“ wie der Weinbau denn privat (so) funktioniert.
Und das hat einen guten Grund: Obwohl ich in Oberösterreich beheimatet bin (und das ist jetzt nicht das typische Weinanbaugebiet), wohne ich tatsächlich auf einem Weinberg – und so lautet auch meine Anschrift. Als wir an diesen herrlichen Ort zogen, wollte mein Mann als Weinliebhaber die Hintergründe näher wissen. Es stellte sich heraus, dass hier tatsächlich „vor der kleinen Eiszeit“ Wein angebaut wurde. Das weckte den Ehrgeiz in meinem Hobbywinzer und so kam es, dass wir inzwischen mehr als 400 Weinstöcke besitzen, aus denen seit einigen Jahren mit großer Leidenschaft der eigene „Haslinger Wein“ gekeltert wird. 😊 Und der ist richtig „schmeckat“, wie man in Österreich zu einem vollmundigen Wein sagt.
Weil ich ehrlich gesagt hier nicht ganz so affin bin wie mein Mann, sondern eher der Typ „Wein genießen statt machen“ bin, habe ich meinem „Orchideenwinzer“ ein paar seiner „Geheimnisse“ für euch entlocken können. 😉 (Orchideenwinzer nennt man übrigens Winzer, die Wein im kleinen Stil anbauen.)
Grundsätzlich wird zwischen Speise- bzw. Tafeltrauben und Weintrauben unterschieden: Erstere sind für den frischen Verzehr, also als „Obst“, zu bevorzugen. Aus letzteren macht man, wie der Name schon verrät, Wein!
Kurz zu den Speise-/Tafeltrauben:
Wenn ihr mit der Neupflanzung von Trauben beginnt, solltet ihr euch unbedingt für sog. „PIWI“-Sorten (= pilzwiderstandsfähige Sorten) entscheiden! Das macht euch das Gärtnerleben wesentlich leichter, gerade in Zeiten des Klimawandels. Nicht nur, dass sie einfach resistenter sind, häufig reifen diese auch noch früher. Da sie am einjährigen Holz (Früchte) tragen, schneidet man beim Schnitt „einfach“ alle abgetragenen Triebe des Vorjahres (ab), das fördert den Fruchtansatz. Restliche Pflegemaßnahmen gleichen denen von Weintrauben….
Theoretisch kannst Du aus ihnen auch Wein machen, er schmeckt aber meistens etwas „flach“. Saft oder Gelee (aus diesen) schmecken aber köstlich.
Unsere Speisetrauben dürfen den weißen Pavillon und den Eingangsbereich (der Anschrift geschuldet) zieren.
Weinanbau im „kleinen Stil“
Zunächst zum Standort und Boden:
Prinzipiell gedeihen Weintrauben auf jedem Boden und daraus ergibt sich auch das sogenannte „Terroir“, welches ja vor allem für den Geschmack des Weines ausschlaggebend ist, denn die Bodenverhältnisse spiegeln sich in der Traube wider.
Ideal wäre aber eine Mischung aus Sand, Löss und ein wenig Lehm. Diese Bodenverhältnisse gibt es z. B. in der Wachau.
Grundsätzlich ist Wein ein Tiefwurzler und kommt daher sogar mit Schotterböden zurecht – hier muss man aber in den immer heißer werdenden Sommern mit vermehrten Wassergaben unterstützen, besonders in der Anwuchszeit. (Auf meinem Weinberg ist es sandig/lehmig – also perfekt. 😉)
Tiefwurzler bedeutet somit auch: Einmal verwurzelt, kann Wein so gut wie nicht umgepflanzt werden ─ also wähle den Standort mit Bedacht!
Früher wählte man als Ausrichtung die Südost- bis Südwestlage. Das trifft immer noch auf kältere Gegenden zu. Durch den Klimawandel wird aber auch schon in Nordlagen gepflanzt, damit in zu heißen Sommern die Trauben nicht zu viel Zucker einlagern, was zu erhöhtem Alkoholgehalt führen würde.
Pflanzen kannst Du von Spätherbst (solange der Boden offen ist) bis April. Die jungen Reben tragen dann ca. ab dem 2. – 3. Jahr!
Erziehung und Schnitt des Weines (das ist der größte Aufwand beim Weinmachen)
Mein Mann wirtschaftet nach der österreichischen „Lenz-Moser-Erziehung“, was bedeutet:
Er beginnt im Jänner zu schneiden. Du kannst aber auch ─ wenn es das Wetter erlaubt ─ schon im November beginnen und solltest spätestens bis März fertig sein, denn da beginnt der „Saftfluss“. Dabei lässt man einen Haupttrieb, den sogenannten „Strecker“, stehen – der wird auf mindestens fünf Augen (max. 7) geschnitten. Zum Anbinden benötigst Du mindestens zwei Pfähle und Spanndrähte zum Festbinden (bei Reihen entsprechend mehr). Entscheide Dich aber beim Strecker immer für eine Richtung und behalte diese bei allen Stöcken bei.
Falls es zu Spätfrösten kommt, solltest Du auch immer einen „Reservetrieb“, den sogenannten „Zapfen“, auf die entgegengesetzte Seite spannen, er hat zwei bis drei Augen.
Wenn Du die Qual der Wahl hast, weil mehrere Triebe vorhanden sind, wähle immer den kräftigsten Einjährigen, der dem Hauptstamm am nächsten ist – Dein Weinstock bleibt so kompakter und benötigt weniger Energie! Es gilt auch, dass der Wein am einjährigen Holz am ertragreichsten ist.
Wie geht es weiter?
Nun darf der Wein erst mal ruhen bzw. wachsen – der Austrieb beginnt meist Ende April/Anfang Mai. Das ist auch ein guter Zeitpunkt für die „Austriebsspritzung“ (auch im Biolandbau) mit Kupfer und Netzschwefel gegen falschen und echten Mehltau.
Der Wein blüht (sehr unscheinbar) ca. Mitte Juni – ab dann dauert es ca. 100 Tage bis zur Lese!!
Bis dahin solltest Du Deinen Wein gut im Auge behalten, denn ein feuchter Sommer kann Dir die Ernte durch aufkommende Pilzkrankheiten empfindlich einschränken. Es kann sein, dass Du noch öfter mit biologischen Mitteln gegen Pilze ankämpfen musst. Vermeide dies aber während der Blütezeit, ansonsten kann es zu einer „Verrieselung“ kommen. Eine „Zeigerrose“ (sieht auch hübsch aus) in unmittelbarer Nähe Deines Weines kann Dir signalisieren, ob Gefahr vor Mehltau droht!
Um dem Vorzubeugen kannst Du Deine Weinstöcke biologisch stärken, beispielsweise mit Brennnesseljauche, die auch gleichzeitig düngt. Vom Düngen selbst solltest Du eher Abstand nehmen! Stärken kannst Du auch mit Schachtelhalmextrakt, EM (effektive Mikroorganismen) und indem Du Leguminosen dazwischen pflanzt. Sorge einfach für gutes Bodenleben!
Was allerdings die Unterpflanzung anbelangt streiten sich die Geister ─ und zu Beginn auch mein Mann und ich. 😉 Ich hatte ja im Weinberg immer Wildkräuter- und Wiesenblumensamen (Foto) ausgestreut. Die sind auch recht gut gewachsen. Er hatte jedoch die Befürchtung, dass diese dem Wein zu viele Nährstoffe wegnehmen. Inzwischen lässt er sie großteils stehen, außer sie beginnen zu wuchern… Gerade junge Rebstöcke dürfen (aber dennoch) nicht überragt werden! Mit meinem Argument, Kräuter geben dem Wein zusätzlichen Geschmack, kam ich durch– die Bienen freut‘s! 😊 Im gewerblichen Anbau gibt es nach wie vor Zwiespalt.
Wenn sich Geiztriebe (wie bei der Tomate) im traubennahen Bereich bilden, solltest Du diese entfernen – sie kosten zu viel Kraft.
Anfang August wird „abgewipfelt“, d. h. starke Triebe oberhalb des Spanndrahtes werden über diesem gekappt. Achte dabei auf eine Ausgewogenheit: Es muss noch genug Blattmasse vorhanden sein, um Photosynthese betreiben zu können. Ziel ist es, dass der Traubenbereich gut durchlüftet ist, damit wiederum keine Pilzkrankheiten entstehen können.
Auch wichtig ist, Blätter eher auf der sonnenabgewandten Seite zu entfernen, denn auch Weintrauben können Sonnenbrand bekommen.
Wenn ca. Ende August die Trauben immer voller und süßer werden, entdecken das auch meistens die Wespen und Vögel – wir spannen ab diesem Zeitpunkt ein Netz (über die Reben?). Und zwar lückenlos, denn die Lauser finden immer ein Schlupfloch!
Gegen die gefräßigen Vögel haben wir bei uns klassischerweise einen Klapotetz (Foto) aufgestellt – aber ehrlicherweise mit wenig Erfolg. 😉
Wann beginnt die Ernte?
Den Reifegrad bzw. Zuckergehalt der Trauben bestimmt man mittels eines sog. Refraktometers. Die Einheit dafür in Österreich sind „KMW“ (= Klosterneuburger Mostwaage). Du kannst aber auch einfach kosten, ob sie für Dich süß genug sind bzw. prüfen, ob die Kerne reif sind.
Für einen guten Weißwein ist zudem eine gewisse Säure für die richtige Ausgewogenheit wichtig.
Weißweinlese: (je nach Sommer und Rebsorte) ab Mitte bis Ende September.
Rotweinlese: Anfang bis Mitte Oktober. Übrigens, der Rotwein erhält seine rote Farbe deshalb, weil er auf der Maische vergärt. Theoretisch kannst Du aus einer Rotweintraube auch Weißwein machen, indem sie sofort kalt gepresst wird. Zu Roséwein wird er nach 1 - 3 Std. Standzeit auf der Maische.
Wie das „Weinmachen“ selbst funktioniert, würde hier den Rahmen sprengen!
Du siehst also, so ein Weinberg bedarf es sehr viel Hingabe. So viel, dass ich manchmal direkt eifersüchtig werden könnte, wenn mein Mann – mal wieder – stundenlang (was sag‘ ich, wochenlang) in unserem Weinberg verschwunden ist…
Mein Trost: das gute selbstvergorene Tröpferl in unserem Weinkeller!
In diesem Sinne: Prost, wohl bekomm’s! 😉
Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deinem Weinanbau – hab‘ eine „schmeckate“ GARDEN(A)ZEIT!
Herzliche Grüße
Patrizia – Die Herzensgärtnerin® und ihr „Orchideenwinzer“
Dieser Artikel wurde 2023 von Patrizia Haslinger - Die Herzensgärtnerin® verfasst.