Vermutlich kennt das fast jede Gärtnerin und fast jeder Gärtner: Im Frühjahr, wenn im Gartencenter wieder etliche Regale mit Saatgut aufgestellt werden, kann man den Einkaufswagen beinahe nicht voll genug bekommen. Es gibt so viele Sorten, die einem reizvoll erscheinen und ganz häufig sind die Augen sogar größer als der Garten selbst. Je nachdem, zu welchen Saatgutpäckchen man dabei greift, kann dieser kleine Einkaufsexzess schon einmal gut ins Geld gehen. Doch tatsächlich lässt sich hierbei recht schnell Abhilfe schaffen – und zwar indem man das Saatgut für das nächste Gartenjahr selbst von den Pflanzen im eigenen Garten abnimmt. Für viele scheint das ein Buch mit sieben Siegeln zu sein, doch tatsächlich ist es gar nicht so kompliziert. Es gilt lediglich, einige Punkte zu beachten!
Zunächst sollte man darauf achten, dass es sich beim Ursprungssaatgut, sprich eben jenes Saatgutpäckchen, das man im ersten Jahr in der Gärtnerei kauft, um sogenanntes samenfestes Saatgut handelt. Bei samenfestem Saatgut kann man fortan jedes Jahr Saatgut von der Pflanze abnehmen, ohne dabei künftig mit geringeren Erträgen oder in Form oder Geschmack missratenen Früchten rechnen zu müssen. Samenfestes Saatgut ist im Vergleich zu sogenannten Hybrid-Samen etwas teurer, aber es verspricht für viele Jahre eine absolut konstante Qualität der Früchte. Hybrid-Samen sorgen im ersten Jahr zwar für üppige Erträge, doch das kann mitunter im zweiten Jahr schon wieder ganz anders aussehen, denn dann spielen sämtliche Launen der Natur in die Pflanze mit hinein: Möglicherweise sind die Früchte viel kleiner als noch im Vorjahr, möglicherweise verändern sie ihren Geschmack, ihre Konsistenz oder die Mutterpflanze trägt schlicht und ergreifend gar keine Früchte. Es empfiehlt sich daher stets auf samenfestes (Bio-) Saatgut zu setzen, wenn man gedenkt, die Samen der Früchte im nächsten Jahr verwenden zu wollen.
Weiterhin sollte beachtet werden, dass nicht jede Pflanze bereits im ersten Jahr ihr kostbares Saatgut preisgibt: Man unterscheidet hier zwischen ein- und zweijährigen Pflanzen. Einjährig sind beispielsweise Erbsen, Bohnen, Blumenkohl, Zucchini, Paprika, Tomate und viele mehr. Karotten oder Zwiebeln sind indes erst im zweiten Jahr zur Saatgutabnahme bereit. Beachtenswert ist außerdem, wann genau das Saatgut abgenommen werden kann: Gemüsepflanzen wie Blumenkohl oder Brokkoli werden für gewöhnlich in einem sehr frühen Entwicklungsstadium geerntet. Sie müssen jedoch vollständig in die Blüte gehen, bevor man auf ihre Samen zugreifen kann. Hier kann man aus der Not eine Tugend machen, denn oftmals übersieht man bei einigen Gemüsepflanzen den richtigen Erntezeitpunkt und die Pflanzen beginnen zu schießen. Anstatt sie in die ewigen Jagdgründe des Komposthaufens zu verbannen, kann man sie jedoch zur Saatgutgewinnung verwenden.
Die Saatgutgewinnung bei Bohnen und Erbsen, Ringelblumen, Basilikum, Paprika oder Tomate ist besonders einfach. Bohnen und Erbsen kann man so lange an der Pflanze hängen lassen, bis die Hülsen vertrocknet sind. Die einzelnen Bohnen und Erbsen können anschließend herausgeholt und für das nächste Gartenjahr eingelagert werden. Die Ringelblume gibt ihr kostbares Saatgut im Grunde ganz von alleine preis: Kaum, dass die Blume verblüht ist, bilden sich an ihrem Kopf kleine, sichelförmige Samen, die man nach einigen Tagen ganz leicht von der Blüte abnehmen kann. Die Basilikumpflanze verbirgt ihr Saatgut in den Blütenständen; diese lässt man am Basilikumstrauch verblühen und fast schon trocknen, bevor man mit leichtem klopfen oder durch-die-Finger-reiben die kleinen, schwarzen Samen gewinnen kann. Bei der Paprika lassen sich die Samen sehr einfach aus der Frucht herausnehmen, wohingegen das Ganze bei der Tomate schon wieder eine etwas klebrigere Angelegenheit ist: Hier muss man die Samen zunächst von dem Fruchtfleisch entfernen, damit das Saatgut später nicht zu schimmeln beginnt. Man kann es sich jedoch auch einfach machen, indem man die von Fruchtfleisch verklebten Samen auf ein Stück Küchenpapier gibt, sie dort trocknen lässt und das Ganze im nächsten Jahr als Saatgutscheibe direkt mit dem Papier in die Erde pflanzt.
Es gibt also viele verschiedene Möglichkeiten, um sich im Grunde genommen für immer mit Saatgut selbst zu versorgen. Wichtig ist jedoch in jedem Fall, dass das Saatgut trocken gelagert wird. Allzu große Temperaturschwankungen sollten auch vermieden werden und eine adäquate Beschriftung der Saatgutpäckchen ist unabdinglich – schließlich möchte man im Folgejahr genau wissen, was man eigentlich gerade anpflanzt.
Letztlich ist die Saatgutgewinnung aus dem eigenen Gemüse wirklich kein Akt der Zauberei. Man schont dabei nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern tut auch etwas für die Umwelt. Ich hoffe sehr, dass wir mit diesem Beitrag einige Gärtnerinnen und Gärtner dazu motivieren können, sich an der Saatgutgewinnung zu versuchen!
Gutes Gelingen!
Dieser Artikel wurde 2023 von Madeleine Becker @frau_freudig verfasst.